Schon 2009 haben die Initiatoren von jurmatix auf dem EDV-Gerichtstag einen E-Akten-Demonstrator vorgestellt, der die spezifischen Anforderungen der juristischen Arbeit adressierte. Damals war die Idee klar: Effizienz durch Digitalisierung. Doch 15 Jahre später zeigt die Realität, dass dieser Fortschritt ausgeblieben ist. Aktuelle Berichte wie jener des NDR offenbaren, dass die elektronische Akte an Gerichten oft langsamer und umständlicher ist als die herkömmliche Papierakte. Insbesondere das Fehlen einer benutzerfreundlichen Oberfläche stellt ein großes Problem dar. Anstatt Arbeitsprozesse zu beschleunigen, führen zu viele Mausklicks und technische Hürden wie langsame Performance und Kompatibilitätsprobleme zwischen Bundesländern zu Frust bei den Anwendern.

Das zentrale Problem liegt darin, dass die Software nicht für die spezifischen Arbeitsabläufe von Juristen entwickelt wurde. Es mangelt an einer benutzerorientierten Gestaltung der digitalen Tools, was sich in der Praxis negativ auswirkt. Statt die Effizienz zu steigern, bremst die E-Akte den Arbeitsalltag aus. Diese Situation zeigt deutlich, dass es an einer innovativen und praxisnahen Herangehensweise gefehlt hat. Anstatt auf die Bedürfnisse der Anwender einzugehen, wurde eine standardisierte Software eingeführt, die nicht den Workflow im juristischen Bereich berücksichtigt. So bleibt die Akzeptanz der E-Akte gering.

Viele Mitarbeiter müssen zusätzliche Schulungen durchlaufen, um die Software überhaupt bedienen zu können. Zudem sind vielerorts die digitale Infrastruktur und die technische Ausstattung nicht auf dem neuesten Stand, was die Einführung der E-Akte weiter erschwert.

Die Zeitspanne von 15 Jahren ohne nennenswerte Verbesserungen verdeutlicht, wie groß die Kluft zwischen IT und Justiz weiterhin ist. Es fehlt an einer Meritokratie, in der sinnvolle Ideen und innovative Lösungen gefördert werden. Stattdessen wird die Entscheidungsfindung oft von überalterten Gremien geprägt, die überwiegend aus Juristen bestehen. Diese sind in der Regel nicht dafür bekannt, besonders kreativ zu sein, wenn es um den Umgang mit neuen Technologien geht – ihre Expertise liegt eher in der kreativen Interpretation von Normen als in der Entwicklung zukunftsweisender Lösungen. Diese Strukturen bremsen den Fortschritt erheblich und verhindern die dringend notwendige digitale Transformation der Justiz.

Anstatt mutig neue Ansätze zu wagen, verharren viele Entscheidungsträger in altmodischen Arbeitsweisen, die dem digitalen Wandel entgegenstehen. Dies führt dazu, dass nicht nur die Akzeptanz der E-Akte fehlt, sondern auch das Potenzial, die Arbeitsprozesse grundlegend zu verbessern, ungenutzt bleibt. Wenn weiterhin traditionelle Denkmuster und überholte Strukturen dominieren, wird es kaum möglich sein, die Justiz auf den Stand der Zeit zu bringen.

Die Einführung der E-Akte sollte ein Schritt in die Zukunft sein. Doch 15 Jahre nach dem E-Akten-Demonstrator zeigt sich, dass es weiterhin grundlegende Probleme gibt, die den Fortschritt hemmen. Ohne eine benutzerorientierte, innovative Herangehensweise bleibt die E-Akte in ihrer jetzigen Form ein Beispiel für die Defizite an der Schnittstelle von IT und Justiz. Die Digitalisierung erfordert nicht nur technische Anpassungen, sondern auch einen Austausch der Führungsebene. Es ist entscheidend, dass Entscheidungsträger mit frischen Ideen und einem echten Verständnis für digitale Prozesse in den Vordergrund treten – ansonsten wird die Justiz auch in den kommenden Jahren der anstehenden Digitalisierung hinterherhinken.

Link zum vollständigen Artikel des NDR: Die elektronische Akte bei Gerichten

15 Jahre Stillstand bei der E-Akte